„Retter oder Täter? Ein General zwischen Staatsräson und Moral: Otto Liman von Sanders und der Völkermord an den Armeniern“
Buchvorstellung und Gespräch mit Muriel Mirak-Weißbach
Moderation: Roy Knocke (Lepsiushaus Potsdam)
Gemeinsam mit der Autorin und unseren Gästen möchten wir uns auf Spurensuche der ungewöhnlichen Biografie von Otto Liman von Sanders begeben.
Im Ersten Weltkrieg entschied sich das Deutsche Reich aus politischen Gründen, nichts Ernsthaftes zu unternehmen, um den osmanischen Bündnispartner am Völkermord an den Armeniern zu hindern. Mehr noch. Auch deutsche Offiziere waren am Genozid beteiligt. Keiner der Verantwortlichen und Mitverantwortlichen ist dafür jemals zur Rechenschaft gezogen worden.
Der hochrangige Offizier Otto Liman von Sanders, seit 1913 Leiter der deutschen Militärmission im Osmanischen Reich, scherte aus dieser Kollaboration aus: Wiederholt weigerte er sich den Deportations- und Ausrottungsbefehlen des osmanischen Innenministers Talat Pascha Folge zu leisten, drohte gegen die Maßnahmen einzuschreiten, und rettete so Tausenden von Armeniern und Griechen sowie zahlreichen Juden in Palästina Leben.
In britischer Kriegsgefangenschaft (1919) sah sich Liman von Sanders mit den Vorwürfen konfrontiert, ein Kriegsverbrecher und am Genozid an den Armenier beteiligt gewesen zu sein. Doch diese erwiesen sich als haltlos – und er kehrte als freier Mann nach Deutschland zurück.
Vor zwei Jahren legte Muriel Mirak-Weißbach eine Biografie vor, in der sie Liman von Sanders‘ Wirken differenziert darstellte und bewertete.
Muriel Mirak-Weißbach, Journalistin und Schriftstellerin, als Tochter armenischer Einwanderer in den USA geboren, ehemals Universitätsdozentin in Mailand für Anglistik, danach Mitarbeiterin internationaler Blätter (Schwerpunkt: politisch-kulturelle Entwicklungen in der arabischen und islamischen Welt); Publikationen über Literatur und Philologie; seit zwanzig Jahren zunehmend mit der Geschichte und Kultur Armeniens befasst und Korrespondentin des US-„Armenian Mirror-Spectator“. Zusammen mit ihrem Ehemann leitet sie eine Stiftung zur Unterstützung sozialer und kultureller Projekte in Armenien.